Ausgangslage
Eine Mieter/innen-Umfrage bestätigt eine breite Erfahrung der Stadtmenschen:
Die Qualität Nachbarschaftsbeziehungen wird wesentlich von der Nutzungsweise
der Höfe beeinflusst.
Beispielsweise stellten Bewohner/innen der Genossenschaft Dreieck fest, dass ein
verbindendes "Dreiecksgefühl" erst mit der Umgestaltung des Innenhofs vom
Abstellplatz in einen Lebensraum sich einstellen konnte.
Innen- und Hinterhöfe nehmen immerhin 25-30% des Stadtraums ein, sie müssten natürlicherweise den Anwohner/innen als Lebensräume zur Verfügung stehen. Stattdessen wurden seit den 50er Jahren die meisten nach und nach in Parkplätze umfunktioniert. Damit ist heute ein grosser Teil der Stadtbevölkerung eines wesentlichen Elements der Lebensqualität beraubt.
Erstaunlicherweise waren Qualität und Funktionswandel dieser privaten und halböffentlichen Aussenräume für Politik und Fachwelt bisher kaum ein Thema.
Aktuelller Zustand (vielerorts)
Abstellplätze: zweckentfremdete Räume, Nachtruhestörung
durch Türenknallen und Motorenlärm, geeignet für dunkle Geschäfte
» abweisende, trostlose, unheimliche, gefährliche Orte: Unorte.
Ziel
Lebensräume: Spielplätze für jung und alt,
Grünräume, Begegnungsorte, Oasen der Ruhe
» freundliche, einladende Räume, mit denen die Anwohner/innnen
sich identifizieren, für deren Attraktivität sie sich verantwortlich fühlen.
HOFgesang
Der Zürcher Chor kultur & volk sang in den 90er Jahren sporadisch in Höfen (wie natürlich seit jeher nicht bloss an Fürsten- und Königshöfen, sondern auch in städtischen Innen- und Hinterhöfen musiziert wurde).
Aus dem Handlungsbedarf und der Erinnerung an diese herzhaften Auftritte ergab sich die Idee eines vielstimmigen - nunmehr gesamtstädtischen - Hinterhofsingens, mit dem Ziel, die einladenden Höfe zu feiern und die missbrauchten wach zu küssen.
HOFgesang macht darauf aufmerksam, dass den Höfen eine bedeutende soziale Funktionen zukommt: Allein schon der bewusste Umgang mit der gemeinsamen Nutzung kann sich positiv auswirken auf die nachbarschaftlichen Beziehungen und damit auf die soziale Integration.
Chorklang kann Menschen bezaubern und Höfe erwecken.
Die Chöre selber können darüber hinaus als Modelle für gelebte
Nachbarschaft stehen.
Erstmals kann das Chorschaffen in all seinen Formen frei Hof von einer breiten Öffentlichkeit erlebt werden, und nicht nur vom geübten Konzertpublikum.
Erstmals engagiert sich das regionale Chorschaffen aller Generationen, Sparten und Traditionen solidarisch für ein gemeinsames gesellschaftliches Anliegen.
HOFgesang plädiert für eine artgerechte Haltung der Stadtmenschen.
Projektziele
fern-
Aufwertung der Innen- und Hinterhöfe zu Erholungs- und Begegnungsräumen
Begünstigung der sozialen Integration und freundnachbarlicher Beziehunge dank einladenden Höfen
Identität durch Teilhabe an einem gemeinsamen Gut - Identifikation mit dem Wohn-Ort - Entstehen von «Heimat»
Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität in der Siedlung, im Quartier, in der Stadt
Interesse - speziell auch der Jugend - wecken, am Chorgesang als anpruchsvoller künstlerischer Ausdrucksform.
nah-
Anwohner und interessierte Öffentlichkeit hören das Potential der ausgewählten Räume und sehen deren aktuellen Zustand.
Wahrnehmung des eigenen Hinterhofs als (potenzieller) Lebensraum.
Impulse zur Knüpfung und Kultivierung nachbarschaftlicher Beziehungen
Erleben des vielfältigen Chorschaffens von einer breiten Öffentlichkeit im direkten Kontakt mit den Aufführenden.
Gelegenheit für die Chöre, mit dem Gang aus den Probenlokalen an die frische Luft, neuen Mitsänger/innen zu begegnen.
Konzept / Organisation / Zeit und Rahmen der Veranstaltung
Chorgesang erklingt alle 2 Jahre, zu den geraden Jahreszahlen, jeweils im Frühsommer in Zürichs und Innen- und Hinterhöfen. Selbstverständlich sind die Chöre frei und eingeladen, in Eigeninitiative sich und das Publikum zu beliebiger Zeit, organisiert oder unorganisiert und wo auch immer mit Hofgesängen zu erfreuen. Einfach nicht vergessen - falls erwünscht - die Medien darüber zu informieren. Der 3. zürcher HOFgesang hebt am 5. Mai 2010 an (Eröffnungsveranstaltung im Hof des Bezirksgebäudes) und verklingt am 3. Juni (Schlusssveranstaltung mit dem Gesamtchor der Hofsänger/innen im Zeughaushof).
Die Chöre und Schulklassen sind frei in der Wahl von Datum und Zeit und in der Gestaltung ihrer Auftritte. Die Dauer der Gesangsinterventionen in den Höfen liegt im freien Ermessen der Chöre, z.B. 15-30 Minuten.
Die Gesangsformationen wählen «ihre» Höfe in Absprache mit der Eigentümer- und Mieterschaft und singen dort ein- oder mehrmals (z.B. an ihrem Probentag) aus dem aktuellen Programm, oder was immer aus ihrem Repertoire im Freien zu singen geeignet erscheint. Ein Flier zur Ankündigung des HOFgesangs in der Siedlung liegt für die Chöre auf www.hofgesang.ch als pdf zum Ausdruck bereit.
Die Chöre besingen nacheinander, erst einen einladenden, sodann einen benachbarten unwirtlichen Hof, den die Sänger/innen in Begleitung des Publikums aufsuchen. Der Kontrast wird so direkt hör-, sicht- und spürbar. Ein Infoblatt über Sinn und Zweck des HOFgesangs wird beim Auftritt an die Anwohner/innen und Besucher/innen abgegeben und liegt für die Chöre auf www.hofgesang.ch zum Ausdrucken bereit.
Die Chöre singen unverstärkt, a cappella, oder aber sie lassen sich von einem Keyboard, Akkordeon etc. begleiten, allenfalls diskretes Playback, aber kein Blech und keine elektrisch verstärkten Instrumente.
Die Gesänge können inhaltlich und formal entweder in Einklang, oder aber in Kontrast zum Aufführungsort stehen, beides ist reizvoll.
Als ortspezifische Intervention entfaltet der Chorgesang einen individuellen Zauber. Die lokale, kulturelle, inhaltliche, formale und künstlerische Vielfalt lässt ein Menschen und Räume verbindendes Hofgefühl entstehen.
Die Website www.hofgesang.ch informiert, dokumentiert und vermittelt, sie steht den den Mitwirkenden ab 1. Februar zur Anmeldung und der Koordination ihrer Auftritte zur Verfügung, unterstützt die Chöre bei der Vorbereitung der Auftritte und informiert über das Gesamtprogramm und die Tagesprogramme und einer Fülle von Informationen zu den mitwirkenden Chören, ihren Auftritten und zu den Höfen und ihren Zuständen. Die Website, und die Hofgesänge erst recht, führen verstärkungsbedürftige Chöre und vereinzelte Stimmen zusammen.
Anwohner-, Eigentümer/innen und Liegenschaftenverwaltungen, die eine Umgestaltung des Hofs ins Auge fassen, sind gebeten, sich an den Hofgesangsverein zu wenden.
Nach und nach werden Städtepartnerschaften aufgebaut und die Website mehrsprachig gestaltet.
Den Medien kommt für eine umfassende Wahrnehmung der punktuellen Gesangsinterventionen als breit gestreute Akkorde eines gesamtstädtischen Konzertes eine tragende Rolle zu.
Teil des Medienprojekts ist eine Videodokumentation, sie präsentiert die Vielfalt der Hofgesänge und das gemeinsame Ziel der Veranstaltung – für die Akteure der Soziokultur und der Stadtentwicklung und des Städtebaus, für Hauseigentümer, Liegenschaftenverwaltungen, Mieter, Chorschaffende, Freunde des Chorgesang und interessierte Öffentlichkeit.
Aktualisiert 6. Februar 2012